Verantwortung übernehmen macht stark

Ein Gespräch mit Amely Wagner, Betreuerin des Mentor*innen-Clubs bei Campus Neckarstadt-West. 


Amely, als Studentin für Lehramt, gerade in der Vorbereitung zum Master, ist da Zeit für ehrenamtliche Aufgaben nicht Mangelware? Warum engagierst du dich dennoch für das Konzept der Mentor*innen bei Campus?

Amely Wagner: Da ich ja meinen Master fürs Lehramt in Englisch und Deutsch vorbereite, ist die Arbeit von Campus nah dran an dem, was später einmal meine Berufsrealität sein wird. Die Arbeit mit den Jugendlichen ist für mich eine enorme Bereicherung und gibt mir die Möglichkeit, mich mit meinen Stärken und Schwächen selbst zu reflektieren. Also tue ich auch etwas für mich. Mich beflügelt, wieviel wir inzwischen als Mentor*innen-Club bei Campus bewegt haben 


Ihr seid inzwischen über 20 feste Mentorinnen und Mentoren. Die meisten wissen selbst, wie es ist, um Bildungschancen und Chancen in der Gesellschaft kämpfen zu müssen. Schaffen die jungen Mentor*innen diese Aufgabe, anderen zu helfen, Wissen weiterzugeben, Autorität zu zeigen, zum Beispiel beim Sport…kurz in die Verantwortung zu gehen?


Amely Wagner: Ich bin beeindruckt, was die Jugendlichen von der Marie-Curie-Realschule und seit neuestem auch von der Humboldt-Realschule an Einsatz und Persönlichkeit mitbringen, und wie sie sich entwickeln. Ihre eigenen Erlebnisse sind genau das, was bei den Kindern und deren Campusaktivitäten überzeugend wirkt. Das Wissen, dass man im Leben nichts geschenkt bekommt. Zudem sind sie mit ihren 13 bis 17 Jahren schon dem Alter nach viel näher an den Grundschülern dran als ältere Ehrenamtliche und sprechen und verstehen deren Sprache. Oft im wahrsten Sinn des Wortes.


Seit wann gibt es den Mentor*innenclub als feste Formation?


Amely Wagner: Den Mentor*innenblus gibt es seit 2023. Das Konzept des Mentoring gibt es schon länger. 2023 haben wir Bundes-Fördergelder vom Zukunftspakt der Deutschen Kinder und Jugendstiftung erhalten, die uns geholfen haben, die zunächst kleine Gruppe auf festere Beine zu stellen. Das Kernteam von Özge Yildiz, Aydan Ucar und Sama Ibrahim, inzwischen gestandene junge Frauen, die ihre Vorhaben zielstrebig angehen, waren unglaublich wichtig für ein tragfähiges Netzwerk. 


Die Förder-Mittel sind jetzt ausgelaufen. Wie habt ihr diese genutzt?


Amely Wagner: Zum Einstieg haben wir unter anderem in der Mannheimer Jugendherberge an einem Workshop vom LKJ Baden-Württemberg, ausgerichtet von Maren Scharpf teilgenommen, wo es darum ging, sich selbst zu testen. Wie belastbar bin ich? Wovor habe ich Angst? Welche Stärken habe ich? Das hat geholfen. Ebenso wie die Sportschulung vom SV Sandhofen, mit Zertifikat, bei der am Ende jeder und jede Teilnehmende eine Übungsstunde selber gestalten musste. Vom SV Sandhofen waren Marco Cardona und Konstantinos Hariskos die Trainer, die uns das ermöglichten. So ein Zertifikat sieht ja auch im Lebenslauf gut aus.
Zur Arbeit als Campus-Mentor*in gehört unbedingt auch die von mir angesprochene Selbstreflektion. Ich denke, wir alle müssen langsam hineinwachsen in die Verantwortung, in eine solche Rolle.
 

Bis du zufrieden mit dem Erreichten?


Amely Wagner:
Ich finde allein die Zahl von 23 Mentor*innen, die zum harten Kern zählen, ist ein Riesen-Erfolg. Denn alle haben ja auch schulische Verpflichtungen und sind oft auch noch in den eigenen Familien als ältere Geschwister zum Beispiel gefragt. Auch wenn ich selbst in der Neckarstadt gewohnt habe, sehe ich, wie viele Mentor*innen viel mehr kämpfen müssen als ich selber: Um Schriftsprache, um Bafög-Anträge, Ferienjobs, einfach Geld für ein eigenständiges Leben. Die meisten müssen viel härter dafür arbeiten, als ich das kenne. Auch dafür ist unsere Gemeinschaft gut, sich zu helfen, Ideen zu entwickeln und Erfahrungen auszutauschen.


Mentor*innen bei Campus? Was heißt das konkret? Wo seid ihr im Einsatz?

Amely Wagner: Wir begleiten viele Projekte. In den Sommerferien haben Mentor*innen beim Projekt Spielmobil des Jugendamtes ermöglicht, dass die daheimgebliebenen Kinder, auf dem Neumarkt Bewegung und Spaß hatten. Im Herbst startete die Verschönerung des Traboldplatzes, nicht zu vergessen die zuverlässige Betreuungsunterstützung bei Hausaufgaben oder bei den Freizeitangeboten von Campus, ob nun im Kaisergarten oder der Gartenfeldstraße. Man kann sagen, ohne diese Hilfe, könnte die personalintensive Betreuung der Kinder gar nicht geleistet werden. Die Kinder vertrauen den Mentor*innen. 


Geht es jetzt auch ohne Fördermittel weiter?


Amely Wagner: Na klar, wir wollen auf jeden Fall zum Jahresanfang an weiteren Schulungen teilnehmen. Im Februar geht es noch nach Straßbourg ins Europäische Parlament. Natürlich bleibe auch ich als Begleiterin dabei. Und die besagte unterstützende Alltagsarbeit beim Campusprogramm wird ja auch nicht weniger. Nachdem bislang viele weibliche Mentorinnen aktiv waren, haben wir nun auch männliche gewonnen, die mit echtem Ernst bei der Sache sind. 
Wir erhalten aber auch unglaublich viel Zuspruch von den Mitgliedern des Fördervereins Campus e.V. Auch das ist wichtig. Auf die vom Förderverein und Engelhorn gesponserten Sportjacken sind alle stolz wie Bolle. Auch die vom Förderverein gestifteten Rucksäcke werden überall selbstbewusst getragen. 
Der Mentor*innenclub ist somit einfach „tragfähig“. Wir hoffen natürlich dennoch, dass wir eine Folgeförderung bekommen. Das würde uns zusätzlich motivieren.

Amely Wagner im Kaisergarten

Power: der Mentor*innenclub zum Ende des Jahres.