Kaisergarten – ein Platz für Teilhabe und Kreativität
Interview mit Danijela Albrecht (links) und Klemens Hotz.
Das Kinderhilfswerk hat dem Kinder- und Jugendbildungshaus Kaisergarten in der Neckarstadt-West für drei Jahre jeweils 15.000 Euro zugesagt. Was hat die Organisation überzeugt?
Hotz: Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit mehr als 50 Jahren für die Rechte von allen Kindern in Deutschland ein. Im Mittelpunkt stehen die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Ich finde in punkto Teilhabe ist der Kaisergarten genau der passende Ort, der diese Ziele unterstützt. Er ist ein Platz für Bildung, Teilhabe und Kreativität.
Kann ein Ort so etwas leisten?
Albrecht: Es ist natürlich nicht der Ort allein, sondern seine Ausstattung, seine örtliche Lage und Erreichbarkeit und das Konzept, wie der Ort belebt und betrieben wird, und vor allem sind es die Menschen, die dort arbeiten und sich engagieren.
Campus Neckarstadt-West ist vor allem an den Nachmittagen im Haus. Was läuft da?
Albrecht: Das Campus-Projekt des Jugendamts und Gesundheitsamts der Stadt Mannheim und der MWS Projektentwicklungsgesellschaft Mannheim sichert mit Unterstützung der Schulen und dank vieler Förderer und Ehrenamtlicher rund 75 Kindern an verschiedenen Standorten eine warme Mahlzeit, Hausaufgabenbetreuung und Freizeitangebote. Derzeit besuchen knapp 50 Kinder nach der Schule den Kaisergarten.
Hotz: Nach 15 Uhr gibt es weitere Freizeit-Angebote wie Musik, Kreativangebote, Bewegung und Sport. Dies sind Angebote von Kooperationspartnern, die in ihren pädagogischen Konzepten besonders auf ganzheitliche Fähigkeiten setzen: Sensorik, Teamfähigkeit, Bewegung, aber auch Konzentration und Kreativität. Für kommerzielle Zwecke steht der Kaisergarten nicht zur Verfügung.
Der Kaisergarten wurde im April 2022 eingeweiht und vorher von der GBG- Wohnungsbaugesellschaft umfassend saniert. Er ist ein architektonisches Schmuckstück und seither eine Location mitten in der Neckarstadt-West, an der viele Gruppen Interesse haben. Wie läuft die Belegung?
Hotz: Das Konzept für den Kaisergarten war von Anfang an, Kinder- und Jugendaktivitäten im Haus unterzubringen. Dies wird durch die Campus-Leitung Danijela Albrecht und vor allem die Mitarbeitenden des Campus-Teams mit solchem Erfolg gesichert, dass der Kaisergarten heute tagsüber fast durchgehend genutzt wird.
Allen voran von Campuskindern, die ohne Zweifel eine besondere Fürsorge brauchen, wenn es um Teilhabe an Bildung geht. Am Vormittag, wenn die Campuskinder in der Schule sind, kommen Kindergartengruppen, die den großen Saal vor allem für Bewegungsangebote nutzen. Am Abend gibt es kulturelle Veranstaltungen verschiedener Gruppen, die im Stadtteil aktiv sind.
Zudem werden die kostenfreien Räumlichkeiten des Kinder- und Jugendbildungshauses Kaisergarten auch gerne von Mitarbeitenden anderer Fachbereiche der Stadt Mannheim genutzt, zum Beispiel für Seminare, Sitzungen, Themen-Workshops usw.
Somit werden die Örtlichkeit Kaisergarten und das Netzwerkprojekt Campus Neckarstadt-West bekannter, die Nutzer*innen entwickeln Interesse und bleiben dem Campus Neckarstadt-West und vor allem den Campus-Kindern verbunden, z.B. durch neue Kooperationen oder ehrenamtliches Engagement im Campus.
Warum eignen sich denn die Räume besonders gut für die Nutzung von Kindern und Jugendlichen?
Albrecht: Die Location ist fantastisch: mit einer Küche, mit einem großen Raum, in dem nicht nur Tanzgruppen, Vorführungen oder Lesungen stattfinden, sondern sogar der Kinderzirkus Paletti proben kann; es gibt Besprechungsräume für konzentriertes Arbeiten und Hausaufgabenbetreuung. Die Kinder, die Eltern und bei Veranstaltungen auch das Publikum kommen gerne in den Kaisergarten. Das Gebäude atmet als früheres Ausflugslokal (zu Beginn des 20. Jahrhunderts) Geschichte und ist gleichzeitig modern und funktional mit einem hellen und freundlichen Charakter.
Hotz: Gerade hat der Gemeinderat beschlossen, dass der Kaisergarten noch einen zweiten Fluchtweg erhält, so dass auch das erste Obergeschoss durch Kinder genutzt werden kann. Somit entsteht bald noch mehr Raum für die Kinder.
Das klingt ja nach etwas Besonderem.
Albrecht: Ja, der Kaisergarten ist einzigartig. Denn im innerstädtischen Umfeld sind Gebäude, die nur den Bürger*innen, in diesem Fall den jungen, zur Verfügung gestellt werden, etwas Besonderes. Zudem ist der Standort im Herzen der Neckarstadt-West ein Markenzeichen für gelungene Integration und aktive Stadtteilgestaltung: eine Gemeinschaftsleistung, die nur mit guten Netzwerken funktioniert. Alle, angefangen von den städtischen Trägern bis zu den Menschen und Initiativen, die sich im Stadtteil engagieren, wissen: hiervon profitieren die Kinder und Jugendlichen besonders.
Die vom Förderverein Campus unterstützten Mentor*innen sind inzwischen beispielsweise eine tragende Säule bei den vor allen täglichen Angeboten. (Interview mit Amely Wagner, Koordinatorin des Mentor*innen-Clubs).
Hat die Neckarstadt nicht viele andere Angebote?
Hotz: Die Neckarstadt-West mit ihren zirka 22.000 Einwohner*innen hat keine Vereinslandschaft im klassischen Sinn (zum Beispiel keinen Sportverein) – und es gibt in den nächsten drei Jahren noch keine Ganztagsschule. Die Neckarstadt-West ist einer der am dichtesten besiedelten Stadtteile, sie hat einen hohen Anteil an Personen mit Migrationsgeschichte und viele Menschen, die weniger Bildungs- und Teilhabechancen haben als andere.
Wir haben natürlich noch mehr Angebote im Jugendhaus und bei den Neckarstadt-Kids e.V. Auch der Stadtjugendring engagiert sich mit Hausaufgabenbetreuung in den beiden Grundschulen im Stadtteil.
Aber der Bedarf ist angesichts der hohen Anzahl von Kindern viel höher.
Wir als Jugendamt und Gesundheitsamt sehen die Aktivitäten im Kaisergarten nicht nur als Beitrag, dass sich die Kinder und Jugendlichen in der Neckarstadt-West zu selbstbewussten und mündigen Bürger*innen entwickeln können, sondern auch als Beitrag zur Demokratie und einem offenen Miteinander.
Das Kinderhilfswerk hat also gut entschieden, den Campus-Standort Kaisergarten zu fördern?
Hotz: Ja, wir haben uns darüber sehr gefreut und sind natürlich sehr dankbar, dass das Kinderhilfswerk uns so wirkungsvoll unterstützt.
Albrecht: Wir setzen die Fördergelder unter anderem für die pädagogischen Fachkräfte und die mehrsprachige Elternbegleitung im Kaisergarten ein. Denn die Kinder und Eltern in der Neckarstadt brauchen verlässliche Ansprechpartner*innen, die sie in ihrem Alltag auch außerhalb der Schule unterstützen.